Deutscher Bundesjugendring, DBJR e.V.

„Die Barriere zwischen den Jugendlichen und Europa illustriert sehr deutlich, wie groß die Entfernung zwischen den Menschen in den Mitgliedstaaten und „Brüssel“ ist. Der Erfolg des gemeinschaftlichen Projekts, insbesondere angesichts der bevorstehenden Erweiterung, hängt im hohen Maße von der Mitwirkung der jungen Generation ab.“

Aus dem Weißbuch „Neuer Schwung für die Jugend Europas“; Europäische Kommission 2002

„Den Konvent zum Geburtsort einer europäischer Demokratie machen!“ Mit dieser zentralen Forderung wandte sich der Deutsche Bundesjugendring im April 2003 an die Mitglieder des Konvents zur Zukunft Europas, um auf wichtige Anliegen von Jugendlichen aufmerksam zu machen. Betont wurde der Wunsch nach einer stärkeren Einbeziehung der organisierten Zivilgesellschaft in den politischen Willensbildungsprozess sowie die Notwendigkeit einer Berücksichtigung der besonderen Rolle von Jugendlichen für den europäischen Integrationsprozess. Das im Jahr 2002 veröffentliche EU-Weißbuch „Jugend“ weist darauf hin, dass Jugendliche immer wieder für die europäische Idee gewonnen werden müssen, und dafür brauchen sie Zugänge. „Mitwirkung mit Wirkung“ – diese zentrale Forderung des Deutschen Bundesjugendrings gilt erst recht für die europäische Ebene.

Die Europäische Verfassung leicht gemacht! Für den Deutschen Bundesjugendring war klar, dass er es nicht bei der Veröffentlichung von Forderungen belassen durfte. In seiner Erklärung vom April 2003 verpflichtete sich der Deutsche Bundesjugendring zu einer aktiven Öffentlichkeitsarbeit, um auf die Arbeit des Konvents aufmerksam zu machen, Entscheidungen und Entwicklungen zu erklären und bei Multiplikatoren der Jugendarbeit und interessierten Jugendliche für die Europäische Verfassung zu werben. Über ein Jahr erschien monatlich ein Informationsdienst, um auf die Arbeit des Europäischen Konvents und später über den weitern Beratungsprozess zu berichten. Unterstützt wurde der Deutsche Bundesjugendring von einer Gruppe engagierter junger Autorinnen und Autoren, denen es gelungen ist, aus einer sehr komplexen Materie verständliche Vorgänge zu machen. Aufgrund der erfolgreichen Zusammenarbeit – die sich an der großen Nachfrage an dem Informationsdienst auch über die Jugendverbände hinaus zeigte – ist es nicht verwunderlich, dass wir uns auch für die Herausgabe eines verständlichen Verfassungskommentars haben begeistern lassen und die Arbeit der Herausgeber vor allem organisatorisch unterstützt haben.

Jetzt erst recht! Das Scheitern der Verhandlungen über den vom Konvent vorgelegten Verfassungsentwurf auf dem Brüsseler Gipfel am 13. Dezember 2003 war für uns kein Grund zur Resignation. Vielmehr haben wir das Autorenteam des Taschenkommentars „Verfassung für Europa“ in ihrem Anliegen bestärkt, an der Fertigstellung des Kommentars festzuhalten. Für den Deutschen Bundesjugendring gibt es keine Alternative zu einer Europäischen Verfassung und damit für eine demokratische, transparentere und dem Bürger gegenüber verantwortliche Europäische Union. Der Beitritt von 10 Ländern am 1. Mai 2004 zur EU und die im Juni 2004 stattfindenden Wahlen zum Europäischen Parlament sind für uns ein Grund, aktiv für die Verabschiedung der Europäischen Verfassung zu werben, Multiplikatoren der Jugendarbeit und interessierte Jugendliche über die Inhalte des Verfassungsentwurfs zu informieren und auf die vor uns liegende historische Weichenstellung aufmerksam zu machen.

Jugendliche sind interessiert an Europa! 210 junge Menschen zwischen 18 und 25 Jahren aus den Mitgliedstaaten der Union und den Beitrittsländern haben vom 9. bis zum 14. Juli 2002 auf einem Europäischen Jugendkonvent in Brüssel umfangreiche Ideen für das künftige Gesicht der Europäischen Union erarbeitet, die den Mitgliedern des Konvents anschließend überreicht wurden (Dokument CONV 205/02). An der Auswahl der Teilnehmenden aus Deutschland war der Deutsche Bundesjugendring über das Deutsche Nationalkomitee für internationale Jugendarbeit (DNK) beteiligt. Auch auf zahlreichen Jugendkonferenzen, Seminaren und Veranstaltungen haben Jugendliche ihre Vorstellungen über eine Europäische Verfassung formuliert. Nicht zuletzt die Entstehung dieses Taschenkommentars macht deutlich, dass Jugendliche und junge Erwachsene durchaus engagiert, kompetent und ehrenamtlich mit großer Qualität an der Gestaltung Europas mitwirken können.

Jugend ist ein Thema! Ein zentraler Anknüpfungspunkt in der neuen Verfassung wird die demokratische Ausgestaltung des Lebens der Union sein. Die Frage, wie bürgernah Europa wird und wie Jugendbeteiligung aussehen könnte, behandelt der Autor Jan Seifert in seinem Beitrag über die Artikel 44 bis 52 in diesem Buch. Für den Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung, Jugend und Sport und Kultur sieht die Verfassung auch weiterhin nur die Tätigkeit der EU als Unterstützungs-, Koordinierungs- und Ergänzungsmaßnahme. Durch eine klarere Zuständigkeitsbeschreibung wird aber deutlicher, wo die künftigen Anknüpfungspunkte für die Jugendarbeit liegen. Artikel 182 (e) des dritten Teils der Verfassung sieht die Förderung des Ausbaus des Jugendaustauschs und des Austauschs sozialpädagogischer Betreuerinnen und Betreuer und die verstärkte Beteiligung der Jugend am demokratischen Leben Europas vor, Artikel 32 der vom zweiten Teil der Verfassung enthaltenen Grundrechtecharta verbietet Kinderarbeit und sieht den Schutz der Jugendlichen am Arbeitsplatz vor. Weitere Artikel der Verfassung behandeln den Schutz von Kindern (Artikel 24 Absatz 1 des zweiten Teils), das Recht auf Wehrdienstverweigerung aus Gewissengründen (Artikel 10 Absatz 2 des zweiten Teils) und das Recht auf Bildung sowie den Zugang zur beruflichen Ausbildung und Weiterbildung (Artikel 14 Absatz 1 des zweiten Teils).

Für die Europäische Verfassung eintreten! Die Verfassung bietet aus unsere Sicht eine große Chance, eine der zentralen Forderungen des Jugendkonvents zu erreichen: eine Europäische Union, die die Vision einer geeinten und demokratischen Zukunft bietet, deren Regierungsstrukturen den Bürgern zugänglich sind und die über die entsprechenden Instrumente und die Legitimität verfügt, um ihre Erwartungen erfüllen zu können. Wir sollten die Chancen nutzen, die uns die Europäische Verfassung bietet. Dies erfordert eine verstärkte Auseinandersetzung mit den Inhalten, um die Wege nutzen zu können, die für einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog der Europäischen Union mit den repräsentativen Verbänden der Zivilgesellschaft vorgesehen sind. Dies wird sicher keine leichte Aufgabe. Eine besondere Rolle spielen hierbei die Multiplikatorinnen und Multiplikatoren der Jugendarbeit, an die sich diese Sonderauflage richtet. Sie können dazu beitragen, die Europäische Verfassung stärker ins Blickfeld von Jugendorganisationen zu rücken und es ermöglichen, interessierten Jugendlichen einen verständlichen Einstieg in die Verfassungsthematik zu bieten.

Die künftige Europäische Verfassung muss mit Leben gefüllt werden, wir wollen mit diesem Kommentar einen Beitrag dazu leisten.

Detlef Raabe
(Vorsitzender des
Deutschen Bundesjugendring)
 
Ute Theisen
(Für Europaangelegenheiten
zuständiges Vorstandsmitglied)

www.dbjr.de